Montag, 14. September 2020

Digitaler Tag des offenen Denkmals: Zeitzeugenbericht der Tochter des Pumpenwärters

Wie bereits angekündigt findet der Tag des offenen Denkmals dieses Jahr aufgrund der Corona-Pandemie digital statt. Heute erscheint der letzte Post zum Tag des offenen Denkmals 2020, der vergangenen Sonntag gewesen wäre.

Zeitzeugenbericht der Tochter des Pumpenwärters

In unserem dritten Beitrag (31.08.2020) zum digitalen Tag des offenen Denkmals berichteten wir über die Aufgaben des Pumpenwärters und erwähnten Friedrich Heim, der diese Aufgabe mehrere Jahre lang ausübte. Heute veröffentlichen wir zum Abschluss des digitalen Tags des offenen Denkmals Ausschnitte eines Zeitzeugenberichts seiner Tochter Rosa Schiller. Rosa Schiller schrieb ihre Erinnerungen für das Projekt zur Erhaltung der Wasserpumpstation im Schaichtal in einem Heft nieder.

In der Mitte des Fotos: Rosa Schiller vor der Wasserpumpstation.

„Nach den Kriegsjahren war das Wasser sehr knapp, aus dem Wasserhahn kam öfter kein Wasser, dann musste man am Rathausbrunnen mit Eimern Wasser holen, um sich zu waschen, für den Haushalt, für die Wäsche und für das Vieh (Kühe, Schweine, usw.). Manche haben auch die Kühe gleich zum Brunnen gebracht, denn das Eimerschleppen war sehr mühsam. Großwaschtag war nicht sehr oft, damals hat man auch nicht mit dem Gartenschlauch gegossen, denn da wäre was los gewesen!

Mein Vater „der Frieder“ hatte das Amt des Pumpenwärters der Gemeinde Häslach inne und musste dafür sorgen - so gut es eben ging - dass im Reservoir Wasser war. Wir wohnten oben in Häslach und hatten somit als erste kein Wasser mehr. Mein Vater ist zwei bis drei Mal pro Tag ins Schaichtal runter gelaufen, um nachzusehen, ob noch Wasser in der Brunnenstube war.

Man musste mit dem Wasser sehr sparsam umgehen, damals war es auch nicht üblich, dass jeder ein Bad hatte. Man hat sich am Spülbecken und mit der Waschschüssel gewaschen und mit dem Holzherd das Wasser heiß gemacht, oder eben kaltes Wasser benutzt.

Häslach ist gewachsen und das Wasser wurde sehr knapp. Ich weiß nicht wer auf die Idee kam im Schaichtal nach Wasser zu suchen, ich glaube es war um 1950, da kam ein Wünschelrutengänger und mein Vater war immer mit ihm dabei und hatte sich bei ihm einiges abgeguckt und es nach Anraten des besagten Herrn mit einer Haselnussrute selbst ausprobiert. Es hat funktioniert. Von manchen wurde er belächelt und manche haben damals auch gemeint, das sei „Hexenbannerei“. Auf das Anraten des Wünschelrutengängers ist etwas weiter oben, als dort wo heute das Wasserhäuschen steht, gegraben worden. Dort wo das Sträßchen aus dem Wald kommt ist noch ein Schachtdeckel zu sehen. Jedoch kam viel zu wenig Wasser.

Mein Vater „dr‘ Heima Frieder“ hat mit der Haselnussrute Richtung Heilbrunnen weitergesucht und etwas gefunden wo mehr dahinter sein sollte. Jetzt, was sollte man machen? Da war die Sache mit dem Heilbrunnen, der gehörte zu Schlaitdorf, aber die gefundene Quelle war viel tiefer und auf Häslacher Gemarkung, also nicht der Heilbrunnen. Schließlich stimmte der damalige Bürgermeister Hauser und der Gemeinderat zu, an der Stelle zu graben.

Über die Neckartenzlinger Firma Schwarz kamen drei Männer aus dem Rheinland und der Pfalz, um einen Brunnen zu graben. Die Männer logierten im Häslacher Ochsen, haben aber auch oft in einer Hütte im Schaichtal übernachtet. Sie hatten zwei Hütten, eine, um sich aufzuhalten mit Ofen und eine für die Gerätschaften.

Die Männer gruben jeden Tag. Sie hatten einen alten Bagger mit Kettenzug, mit dem zogen sie die Erde aus dem Brunnenschacht. Alles war sehr mühsam. Nach ein paar Metern kam Wasser. Dann wurde eine alte, dieselbetriebene Pumpe eingesetzt und das Wasser in die Schaich ausgepumpt.

Es wurden große Betonringe angeliefert und mit dem Bagger immer wieder in den ausgegrabenen Schacht hinuntergelassen. Im Winter hat es geschneit, dann war Pause, die drei Männer sind über Weihnachten nach Hause gegangen. Danach sind nur zwei wiedergekommen, aber es ging weiter.

Dann mussten auch Strom- und Wasserleitungen gebaut werden. Im Wald wurden Bäume gerodet. Oberleitungen wurden über Äcker und Wiesen gebaut. Die Wasserleitung geht durch den Wald Richtung Häslach. Da haben Häslacher Männer mit Hake, Spaten, Schaufel und Säge den Graben für die Leitung über den steilen Berg, alles von Hand, ausgegraben. Weiter oben, als es flacher wurde konnte ein Bagger eingesetzt werden. Die Wasserleitung geht über Schlaitdorfer Markung, die Stromleitung über Häslacher Markung.

Im Wasserhäuschen gab es einen Schaltmechanismus, das war etwas Neues, denn er hat automatisch ein- und ausgeschalten. Wenn es funktioniert hat. Wenn nicht musste man runter laufen und es „wieder anschucken“ wie mein Vater damals immer gesagt hat.

Mein Vater hat oft mehrmals am Tag im Schaichtal nach dem Rechten geschaut. Das war einfach sein Leben. Wenn er vom Feld gekommen ist war immer das erste was er tat, den Wasserhahn aufzudrehen, um zu schauen ob noch Wasser in der Leitung ist.

Es kam die Zeit, als mein Vater krank wurde und die Aufgaben nicht mehr erledigen konnte. Er wollte, dass mein Mann und ich weitermachen, aber das ging nicht. Aber unser Nachbar Christian Lauxmann hat die Aufgaben des Pumpenwärters übernommen. Der Wasserturm wurde gebaut und die Bodenseewasserleitung kam. Das Schaichtalwasser war nur noch ein Zusatz bis der Sturm Lothar die Stromleitungen durch den Wald zerstörte.“

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