Nach dem Frankreichfeldzug Mai/Juni 1940 kamen französische Kriegsgefangene nach Deutschland. Sie wurden in der Industrie
und in der Landwirtschaft als Arbeitskräfte
eingesetzt.
Die Gefangenen, die zu den Bauern nach Walddorf kamen,
wurden am Rathaus versammelt. Die Bauern, denen ein Gefangener zugeteilt worden war, kamen zum
Rathaus und suchten sich einen aus.
Dazu muss man sagen, dass keiner von ihnen äußerlich gut
ausgesehen hätte. Sie waren tagelang auf Transport gewesen, hungrig, dreckig,
unrasiert, teilweise noch verrußt.
Viele jungen Männer waren vor den einrückenden Militär in
die Wälder geflohen. Oft wurde diese dann angezündet.
Am Ende war einer der Gefangenen, Emil, übrig geblieben. Niemand wollte ihn haben.
Weinend saß er da.
Der Ortspolizist, der die Gefangenen zu beaufsichtigen hatte
konnte ihn nicht sitzen lassen. Er fragte seinen Schwager, ebenfalls Bauer, ob
er ihn übernehmen könnte. Der sagte zu.
Emil hat es gut getroffen. Er wurde Teil der Familie. Der
Segen lag auf beiden Seiten; die Familie hatte einen treuen Mitarbeiter gefunden
und Emil eine Familie. Woran er sich
noch nach Jahrzehnten erinnerte, er hatte immer genug zu essen bekommen. In
Kriegszeiten keine Selbstverständlichkeit.
Da er gelernter Metzger war, wurde er nach einiger Zeit an
den Schlachthof nach Tübingen abgezogen. Gerne wäre er bei seiner „Familie“ in
Walddorf geblieben. Doch in einer Diktatur, Kriegszeiten und dann noch als
Kriegsbefangener, musste er gehen. Die gute Beziehung blieb. Als 1944/45 das
jüngste Kind der Familie wegen eines Impfschadens lange in der Klinik in
Tübingen lag, wurden die Klinikbesuche mit einem Besuch bei #Emil verbunden. Dabei wurde immer auch ans Essen
für Emil gedacht. Die Verkehrsmittel mach Tübingen waren damals das Fahrrad
(Ohne Gangschaltung) für den Vater und ältere Schwester. Die Mutter bewältigte
den Weg hin und zurück zu Fuß.
1961 – Besuch aus
Frankreich
Bildquelle. Der
Redaktion bekannt, ebewnso die Namen der Personen
Zum Foto: zweiter von rechts ist Emil, der ehemalige
Kriegsgefangene, der „seine Familie“ 1961 in Walddorf besuchte. Die anderen
Personen sind gehören zur Familie.
1961: Emils Frau
mit Töchtern beim Urlaub am Bodensee
Auch nach Kriegsende bestand ein reger Briefwechsel zwischen
Emil in Frankreich und seiner Walddorfer Familie. Die Briefe schloss er immer mit
„Euer Emil“.
1961 besuchte
Emil, inzwischen verheiratet, „seine Familie“ in Walddorf. Auf dem Weg in den
Urlaub an den Bodensee machten sie einen Zwischen stopp in Walddorf. Seine Frau
und seine zwei Töchter konnten Emils „Kriegsfamilie“ kennenlernen. Die Freude
war beiderseits groß. Wilhelm und Anna Sch. Waren inzwischen Großeltern
geworden. Das damals (1940er) kleine Kind, das er gerne auf den Schoß genommen
hatte, war inzwischen berufstätig und verpasste, zum Bedauern beider Seiten den
Besuch.
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